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Wie eine Mikrobe ihre eigene Sulfatreduktionsmaschinerie aufbaut

Nov 01, 2023

5. Juni 2023

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von der Max-Planck-Gesellschaft

Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen haben die molekularen Geheimnisse einer Methan erzeugenden Mikrobe gelüftet, die Sulfat in Sulfid umwandeln kann – einen gebrauchsfertigen Zellbaustein. Diese Entdeckung eröffnet spannende Möglichkeiten in der Biokraftstoffproduktion.

Schwefel ist ein grundlegendes Element des Lebens und alle Organismen benötigen es, um Zellmaterial zu synthetisieren. Autotrophe Organismen wie Pflanzen und Algen nehmen Schwefel auf, indem sie Sulfat in Sulfid umwandeln, das in die Biomasse eingebaut werden kann. Dieser Prozess erfordert jedoch viel Energie und erzeugt schädliche Zwischen- und Nebenprodukte, die sofort umgewandelt werden müssen.

Daher ging man bisher davon aus, dass als Methanogene bekannte Mikroben, denen normalerweise die Energie fehlt, nicht in der Lage wären, Sulfat in Sulfid umzuwandeln. Daher wurde angenommen, dass diese Mikroben, die die Hälfte des weltweiten Methans produzieren, auf andere Formen von Schwefel angewiesen sind, beispielsweise auf Sulfid.

Dieses Dogma wurde 1986 mit der Entdeckung des Methanogens Methanothermococcus thermolithotrophicus gebrochen, das auf Sulfat als einziger Schwefelquelle wächst. Wie ist das möglich angesichts der energetischen Kosten und toxischen Zwischenprodukte? Warum scheint es das einzige Methanogen zu sein, das auf dieser Schwefelspezies wachsen kann? Verwendet dieser Organismus chemische Tricks oder eine noch unbekannte Strategie, um die Sulfat-Assimilation zu ermöglichen? Antworten auf diese Fragen haben Marion Jespersen und Tristan Wagner vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie nun gefunden und in der Fachzeitschrift Nature Microbiology veröffentlicht.

Die erste Herausforderung für die Forscher bestand darin, die Mikrobe dazu zu bringen, auf der neuen Schwefelquelle zu wachsen. „Als ich mit meiner Doktorarbeit begann, musste ich M. thermolithotrophicus wirklich davon überzeugen, Sulfat statt Sulfid zu essen“, sagt Marion Jespersen. „Aber nach der Optimierung des Mediums wurde Methanothermococcus zu einem Profi im Wachstum auf Sulfat, wobei die Zelldichten mit denen beim Wachstum auf Sulfid vergleichbar waren.“

„Richtig spannend wurde es, als wir das Verschwinden von Sulfat während des Wachstums des Organismus maßen. Dann konnten wir tatsächlich nachweisen, dass das Methanogen dieses Substrat umwandelt.“ Dadurch konnten die Forscher M. thermolithotrophicus sicher in Bioreaktoren im großen Maßstab kultivieren, da sie für ihr Wachstum nicht mehr auf das giftige und explosive Schwefelwasserstoffgas angewiesen waren. „Es lieferte uns genügend Biomasse, um diesen faszinierenden Organismus zu untersuchen“, erklärt Jespersen. Nun waren die Forscher bereit, sich mit den Details der zugrunde liegenden Prozesse zu befassen.

Um die molekularen Mechanismen der Sulfatassimilation zu verstehen, analysierten die Wissenschaftler das Genom von M. thermolithotrophicus. Sie fanden fünf Gene, die das Potenzial hatten, Enzyme zu kodieren, die mit der Sulfatreduktion in Zusammenhang stehen. „Es ist uns gelungen, jedes einzelne dieser Enzyme zu charakterisieren und so den gesamten Stoffwechselweg zu erforschen. Eine wahre Meisterleistung, wenn man seine Komplexität bedenkt“, sagt Tristan Wagner, Leiter der Max-Planck-Forschungsgruppe Mikrobieller Stoffwechsel.

Indem die Wissenschaftler die Enzyme einzeln charakterisierten, stellten sie den ersten Sulfat-Assimilationsweg aus einem Methanogen zusammen. Während die ersten beiden Enzyme des Stoffwechselwegs gut bekannt sind und in vielen Mikroben und Pflanzen vorkommen, waren die nächsten Enzyme neuer Art. „Wir waren verblüfft, als wir sahen, dass es so aussieht, als hätte M. thermolithotrophicus ein Enzym aus einem dissimilatorischen sulfatreduzierenden Organismus gekapert und es leicht modifiziert, um seinen eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden“, sagt Jespersen.

Während einige Mikroben Sulfat als Zellbaustein aufnehmen, nutzen andere es, um in einem dissimilatorischen Prozess Energie zu gewinnen – wie es der Mensch beim Einatmen von Sauerstoff tut. Die Mikroben, die eine dissimilatorische Sulfatreduktion durchführen, nutzen dazu einen anderen Satz von Enzymen. Das hier untersuchte Methanogen wandelte eines dieser dissimilatorischen Enzyme in ein assimilatorisches um. „Eine einfache, aber hochwirksame Strategie und höchstwahrscheinlich der Grund, warum dieses Methanogen auf Sulfat wachsen kann. Bisher wurde dieses spezielle Enzym nur in M. thermolithotrophicus und in keinem anderen Methanogen gefunden“, erklärt Jespersen.

Allerdings muss sich M. thermolithotrophicus auch mit zwei Giften auseinandersetzen, die bei der Sulfataufnahme entstehen. Dafür sind die letzten beiden Enzyme des Weges gemacht: Das erste, wiederum ähnlich einem dissimilatorischen Enzym, erzeugt Sulfid aus Sulfit. Bei der zweiten handelt es sich um eine neue Art von Phosphatase mit robuster Effizienz bei der Hydrolyse des anderen Giftes, kurz PAP genannt.

„Es scheint, dass M. thermolithotrophicus genetische Informationen aus seiner mikrobiellen Umgebung gesammelt hat, die es ihm ermöglichten, auf Sulfat zu wachsen. Durch das Mischen und Anpassen assimilatorischer und dissimilatorischer Enzyme schuf es seine eigene funktionelle Sulfatreduktionsmaschinerie“, sagt Wagner.

Hydrogenotrophe Methanogene wie M. thermolithotrophicus haben die erstaunliche Fähigkeit, Diwasserstoff (H2, beispielsweise künstlich aus erneuerbarer Energie hergestellt) und Kohlendioxid (CO2) in Methan (CH4) umzuwandeln. Mit anderen Worten: Sie können das Treibhausgas CO2 in den Biokraftstoff CH4 umwandeln, der beispielsweise zum Heizen unserer Häuser genutzt werden kann.

Dazu werden Methanogene in großen Bioreaktoren gezüchtet. Ein aktueller Engpass beim Anbau von Methanogenen ist der Bedarf an dem hochgefährlichen und explosiven Schwefelwasserstoffgas als Schwefelquelle. Mit der Entdeckung des Sulfat-Assimilationswegs in M. thermolithotrophicus ist es möglich, Methanogene, die bereits in der Biotechnologie verwendet werden, gentechnisch so zu verändern, dass sie stattdessen diesen Weg nutzen – was zu einer sichereren und kostengünstigeren Biogasproduktion führt.

„Eine ungelöste brennende Frage ist, warum M. thermolithotrophicus Sulfat in der Natur assimilieren würde. Dazu müssen wir ins Feld gehen und sehen, ob die für diesen Weg erforderlichen Enzyme auch in der natürlichen Umgebung der Mikrobe exprimiert werden“, schließt er Wagner.

Mehr Informationen: Assimilatorische Sulfatreduktion im marinen Methanogen Methanothermococcus thermolithotrophicus, Nature Microbiology (2023). DOI: 10.1038/s41564-023-01398-8

Zeitschrifteninformationen:Naturmikrobiologie

Zur Verfügung gestellt von der Max-Planck-Gesellschaft

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